HEIKO BLANKENSTEIN
Counterworld 3.22
27. März ‒1. Mai 2022
Vernissage: Samstag, 26. März, 17 Uhr
So etwas kennt man allenfalls vom Bildschirm, von digitalen Renderings oder Computer-Spielen: Landschaftliche Szenerien, die an die «echte» Welt angelehnt sind, ihre Konstruiertheit aber deutlich zu erkennen geben. Jetzt finden wir uns in der Kunsthalle einer solchen «Landschaft» gegenüber – ihr Kontrast zur alten Industriehalle könnte kaum grösser sein. Rosafarbene und in gewisser Weise steril anmutende konische Hügel erheben sich aus dem Boden. Zudem wird unser Blick in den Bann gezogen von grossformatigen Zeichnungen, die wie Werbeträger an teleskopartigen Auswüchsen der Hügel prangen und uns gleich beim Eintreten frontal mit eigentümlichen und eindrücklichen Bildwelten konfrontieren.
Es ist ein faszinierendes Alleinstellungsmerkmal von Heiko Blankenstein (*1970, Rheydt, DE), dass er sein zeichnerisches und skulpturales Werk ganz selbstverständlich zu schlüssigen Einheiten verbindet und Bild- und Ausstellungsraum so aneinander koppelt. Dabei befasst sich der Zürcher Künstler, der sein Kunststudium Ende der 1990er in Philadelphia absolviert hat, meist über mehrere Jahre mit jeweils einem bestimmten Thema. Zuletzt haben ihn für lange Zeit die Kosmologie und die Astrophysik inspiriert, aktuell widmet er sich idealisierten Naturdarstellungen und unserem Verständnis von Natur. Durch höchste handwerkliche Präzision und meisterhaftes zeichnerisches Können überführt Blankenstein die Vielschichtigkeit dieser «Forschungsfelder» in Bilder und raumgreifende Skulpturen. An der Schnittstelle von Realität, Modellhaftigkeit und Imagination angesiedelt, eröffnen sie über den Weg der Sinneseindrücke intuitive Zugänge zu komplexen Fragestellungen.
Bei der Wahrnehmung von Blankensteins Installation «Counterworld 3.22» in der Kunsthalle Arbon dominiert und irritiert als erstes die eklatante Künstlichkeit, die von der skulpturalen Setzung abstrahlt – auch im wörtlichen Sinne: Durch die Lichtreflektion am pinken XPS-Hartschaum, aus dem die Hügel geformt sind, erscheint die gesamte Halle wie von einem rosafarbenen Filter getönt. Eine rasterartige Oberflächenstruktur liegt derweil wie topographische Höhenlinien oder eben wie die Matrix einer digitalen Modellierung über der «Landschaft» selbst und zeugt von aufwändigen mathematischen Berechnungen als Grundlage für die Konstruktion. Wir machen hier die seltsame Erfahrung einer Hybridwelt, die nicht nur motivisch, sondern auch durch die gänzlich manuelle (!) Fertigung dem Realem verbunden ist, durch ihre technoide Anmutung aber einer anderen Sphäre anzugehören scheint.
Auch die Zeichnungen, denen die Skulptur als Display dient, bauen auf diesem Spannungsfeld von Vertrautem und Fremdartigem auf. Ein gänzlich abstraktes Bild greift formal die pyramidenähnliche Geometrie der «Hügellandschaft» auf, wenn auch aus anderer Perspektive. Über die Dynamik von unzähligen schwarzen Strichen wird der Blick sogartig in zwei dunkle Zentren hineingeführt – man denkt an schwarze Löcher, ohne genau zu wissen, wie solche darzustellen wären. Die anderen beiden Bilder eröffnen uns hingegen mystische Naturräume, deren Verwandtschaft mit Landschaftsdarstellungen der Romantik unverkennbar ist. Imposante Felswände oder bewaldete Hügel erheben sich unter stürmischen Wolkenformationen vor idyllischen Seen. Blankenstein hat die ganze Palette der technischen Möglichkeiten von Kohle auf Papier aufgeboten, um die Szenerien «naturgetreu» wiederzugeben. Dann aber stört er den Genuss dieser Bildillusion durch vorgelagerte abstrakte Formen, die wiederum dem digitalen Raum entsprungen scheinen, und die eben genau darauf verweisen: Das Bild ist eine Illusion. Nicht nur, weil es im Zweidimensionalen versucht, Räumlichkeit nachzuformen, sondern auch, weil die bildliche Wiedergabe von «Natur» sehr oft nur eine Idealvorstellung derselben transportiert. Im Falle der Vorlagen, die Blankenstein für seine Zeichnungen benutzt hat, trifft dies in besonderem Masse zu: Der Künstler orientierte sich an Gemälden der sogenannten «Hudson River School», einer losen Gruppe von Kunstschaffenden im Amerika des 19. Jahrhunderts, die für ihre Landschaftsdarstellungen bekannt wurden. Die meisten ihrer Gemälde waren dabei aus Versatzstücken verschiedener realer Landschaften komponiert und vermittelten ein Bild des noch weitgehend unerforschten amerikanischen Kontinents, den es so nie gegeben hat.
Über den Umweg in die Kunstgeschichte fragt Blankenstein mit «Counterworld 3.22» subtil danach, wie Bilder bis heute unsere Wahrnehmung von Natur prägen. Wie kann es sein, dass ein Gebilde, das so stark an ein Rendering angelehnt ist, die Idee einer Landschaft evoziert? Und finden nicht die romantischen Gemälde von damals ihr Pendant in den traumhaften, oftmals «frisierten» Urlaubsfotos und Werbebildern, die wir in den Social Media von «Natur» zu Gesicht bekommen? Nicht zuletzt sind die Traumstrände und Gipfelwelten heute menschlich beeinflusste Landschaften. Die mediale und die tatsächliche «Modellierung» unserer Umwelt stellt die Grundlage für das Naturverständnis der Folgegeneration. «Umweltamnesie» heisst dieses Phänomen in der Naturschutzbiologie. An den Bildschirmen und in den Köpfen entsteht also eine künstliche «Gegenwelt», die das Erleben der eigentlichen Welt ablöst und die vielleicht irgendwann – so wie in Blankensteins Ausstellung – in den realen Raum übergreift. Oder hat sie damit bereits begonnen?
Deborah Keller, Kuratorin Kunsthalle Arbon
Heiko Blankenstein. Counterworld 3.22
Kunsthalle Arbon
27.3. – 1.5.2022
Auf welche Art und Weise werden unsere Wahrnehmungen von Natur geprägt durch das Wechselspiel von modernen Technologien und romantisierten Vorstellungen? Und in wie fern ist das Künstliche ein fester Bestandteil unserer sinnlichen Empfindungen des Natürlichen? In seiner Einzelausstellung „Counterworld 3.22“ in der Kunsthalle Arbon geht der Zürcher Künstler Heiko Blankenstein (*1972 in Rheydt) der Frage nach unserem zeitgenössischen Verständnis von Natur nach, indem er ein ortsspezifisch angelegtes Modell einer Landschaft entwirft. Blankenstein konzipiert seine raumgreifende Installation als Gesamtkunstwerk aus Architektur, Skulptur und Zeichnung. In seine kegelförmigen Hügel, bestehend aus einer tragenden Holzkonstruktion und rosafarbenen XPS-Hartschaumplatten, integriert er seine grossformatigen Kohlezeichnungen. Dabei sind die geometrischen Hügel eigenständige Raumskulpturen und dienen gleichermassen als Display für seine gezeichneten Darstellungen von idealisierten Wald- Berg- und Seenlandschaften. Die abstrahierten, farbig leuchtenden Kegelformen bilden einen starken visuellen Kontrast zu den detaillierten schwarzweissen Zeichnungen. Beim Flanieren durch den Raum der Kunsthalle Arbon lassen sich Blankensteins Zeichnungen wie einzelne Aussichtpunkte auf einer Wanderung entdecken. Es sind zweidimensionale Landschaftsbilder innerhalb einer dreidimensionalen Landschaft. Der physische Raum der Betrachtenden wird schaufensterartig durch die gezeichneten Bildräume erweitert, wobei das Idyll der darin dargestellten, hyperrealistischen Landschaften durch abstrakte Formen, die wie aus einer anderen Dimension kommend wirken, gebrochen wird. Es sind jene optischen Brüche und visuellen wie materiellen Gegensätze, mittels denen der Künstler seinen eigenen Weltenentwurf aufgebaut hat. Der Titel „Counterworld“ (Gegenwelt) referiert an die Idee einer natürlichen Welt, die im Gegensatz zu rein künstlichen Welten besteht. Zwar basiert seine Rauminstallation auf organischen Formen und dennoch könnte sie nicht künstlicher sein. Die Installation lässt sich mit dem Konzept des Englischen Gartens vergleichen, bei dem Naturerlebnisse mimetisch erschaffen werden. Blankensteins Interesse gilt dem Hybriden, den vom Menschen generierten Bildnissen, wie sie in Kunst und Naturwissenschaften vorkommen und unsere individuellen Naturerfahrungen nachhaltig prägen. So befragt der Künstler damit die Gegensätze von Natur- und Kulturlandschaft indem er die beiden Konzepte zusammenführt und visuell überlagert.
Alice Wilke
Heiko Blankenstein
Werkdokumentation
Meta-Natur, idealisierte, überzeichnete Landschaften im Kontrast mit zweidimensional erscheinenden, geometrischen Gebilden die den eigenen dreidimensionalen Arbeiten entliehen sind. Abstraktion und Evolution verschmelzen zu einem auf diese Weise real nicht erfahrbaren Naturkonstrukt geprägt von einer nicht objektiven Wahrnehmung. Annäherung an wissenschaftliche Materie mittels künstlerischer Praxis, ein Versuch teils nur schwer vorstellbare Astronomische und Kosmologische Gegebenheiten, Chaotische Systeme oder die Funktionsweise der Kernfusion auf einer emotionalen Ebene zu begreifen. Kunst als Übersetzungsinstrument physikalischer Gleichungen, naturwissenschaftlicher Grundsätze, Natur als Basis. Die Beschaffenheit der Dinge ausloten, den Ursprung und das Erhabene hinterfragen. Keine Antworten geben, nur beobachten und die Fragen weiterreichen, bildhafte Erzeugnisse der Wissenschaft aneignen und diese in eine eigenständige visuelle Sprache formulieren, digital erscheinend, völlig analog in der Ausführung, unter Verwendung industrieller Materialien und zeichnerischen Vorgehensweisen, irgendwo zwischen konkret und abstrakt.
HEIKO BLANKENSTEIN
Counterworld 3.22
27. März ‒1. Mai 2022
Vernissage: Samstag, 26. März, 17 Uhr
So etwas kennt man allenfalls vom Bildschirm, von digitalen Renderings oder Computer-Spielen: Landschaftliche Szenerien, die an die «echte» Welt angelehnt sind, ihre Konstruiertheit aber deutlich zu erkennen geben. Jetzt finden wir uns in der Kunsthalle einer solchen «Landschaft» gegenüber – ihr Kontrast zur alten Industriehalle könnte kaum grösser sein. Rosafarbene und in gewisser Weise steril anmutende konische Hügel erheben sich aus dem Boden. Zudem wird unser Blick in den Bann gezogen von grossformatigen Zeichnungen, die wie Werbeträger an teleskopartigen Auswüchsen der Hügel prangen und uns gleich beim Eintreten frontal mit eigentümlichen und eindrücklichen Bildwelten konfrontieren.
Es ist ein faszinierendes Alleinstellungsmerkmal von Heiko Blankenstein (*1970, Rheydt, DE), dass er sein zeichnerisches und skulpturales Werk ganz selbstverständlich zu schlüssigen Einheiten verbindet und Bild- und Ausstellungsraum so aneinander koppelt. Dabei befasst sich der Zürcher Künstler, der sein Kunststudium Ende der 1990er in Philadelphia absolviert hat, meist über mehrere Jahre mit jeweils einem bestimmten Thema. Zuletzt haben ihn für lange Zeit die Kosmologie und die Astrophysik inspiriert, aktuell widmet er sich idealisierten Naturdarstellungen und unserem Verständnis von Natur. Durch höchste handwerkliche Präzision und meisterhaftes zeichnerisches Können überführt Blankenstein die Vielschichtigkeit dieser «Forschungsfelder» in Bilder und raumgreifende Skulpturen. An der Schnittstelle von Realität, Modellhaftigkeit und Imagination angesiedelt, eröffnen sie über den Weg der Sinneseindrücke intuitive Zugänge zu komplexen Fragestellungen.
Bei der Wahrnehmung von Blankensteins Installation «Counterworld 3.22» in der Kunsthalle Arbon dominiert und irritiert als erstes die eklatante Künstlichkeit, die von der skulpturalen Setzung abstrahlt – auch im wörtlichen Sinne: Durch die Lichtreflektion am pinken XPS-Hartschaum, aus dem die Hügel geformt sind, erscheint die gesamte Halle wie von einem rosafarbenen Filter getönt. Eine rasterartige Oberflächenstruktur liegt derweil wie topographische Höhenlinien oder eben wie die Matrix einer digitalen Modellierung über der «Landschaft» selbst und zeugt von aufwändigen mathematischen Berechnungen als Grundlage für die Konstruktion. Wir machen hier die seltsame Erfahrung einer Hybridwelt, die nicht nur motivisch, sondern auch durch die gänzlich manuelle (!) Fertigung dem Realem verbunden ist, durch ihre technoide Anmutung aber einer anderen Sphäre anzugehören scheint.
Auch die Zeichnungen, denen die Skulptur als Display dient, bauen auf diesem Spannungsfeld von Vertrautem und Fremdartigem auf. Ein gänzlich abstraktes Bild greift formal die pyramidenähnliche Geometrie der «Hügellandschaft» auf, wenn auch aus anderer Perspektive. Über die Dynamik von unzähligen schwarzen Strichen wird der Blick sogartig in zwei dunkle Zentren hineingeführt – man denkt an schwarze Löcher, ohne genau zu wissen, wie solche darzustellen wären. Die anderen beiden Bilder eröffnen uns hingegen mystische Naturräume, deren Verwandtschaft mit Landschaftsdarstellungen der Romantik unverkennbar ist. Imposante Felswände oder bewaldete Hügel erheben sich unter stürmischen Wolkenformationen vor idyllischen Seen. Blankenstein hat die ganze Palette der technischen Möglichkeiten von Kohle auf Papier aufgeboten, um die Szenerien «naturgetreu» wiederzugeben. Dann aber stört er den Genuss dieser Bildillusion durch vorgelagerte abstrakte Formen, die wiederum dem digitalen Raum entsprungen scheinen, und die eben genau darauf verweisen: Das Bild ist eine Illusion. Nicht nur, weil es im Zweidimensionalen versucht, Räumlichkeit nachzuformen, sondern auch, weil die bildliche Wiedergabe von «Natur» sehr oft nur eine Idealvorstellung derselben transportiert. Im Falle der Vorlagen, die Blankenstein für seine Zeichnungen benutzt hat, trifft dies in besonderem Masse zu: Der Künstler orientierte sich an Gemälden der sogenannten «Hudson River School», einer losen Gruppe von Kunstschaffenden im Amerika des 19. Jahrhunderts, die für ihre Landschaftsdarstellungen bekannt wurden. Die meisten ihrer Gemälde waren dabei aus Versatzstücken verschiedener realer Landschaften komponiert und vermittelten ein Bild des noch weitgehend unerforschten amerikanischen Kontinents, den es so nie gegeben hat.
Über den Umweg in die Kunstgeschichte fragt Blankenstein mit «Counterworld 3.22» subtil danach, wie Bilder bis heute unsere Wahrnehmung von Natur prägen. Wie kann es sein, dass ein Gebilde, das so stark an ein Rendering angelehnt ist, die Idee einer Landschaft evoziert? Und finden nicht die romantischen Gemälde von damals ihr Pendant in den traumhaften, oftmals «frisierten» Urlaubsfotos und Werbebildern, die wir in den Social Media von «Natur» zu Gesicht bekommen? Nicht zuletzt sind die Traumstrände und Gipfelwelten heute menschlich beeinflusste Landschaften. Die mediale und die tatsächliche «Modellierung» unserer Umwelt stellt die Grundlage für das Naturverständnis der Folgegeneration. «Umweltamnesie» heisst dieses Phänomen in der Naturschutzbiologie. An den Bildschirmen und in den Köpfen entsteht also eine künstliche «Gegenwelt», die das Erleben der eigentlichen Welt ablöst und die vielleicht irgendwann – so wie in Blankensteins Ausstellung – in den realen Raum übergreift. Oder hat sie damit bereits begonnen?
Deborah Keller, Kuratorin Kunsthalle Arbon
Heiko Blankenstein. Counterworld 3.22
Kunsthalle Arbon
27.3. – 1.5.2022
Auf welche Art und Weise werden unsere Wahrnehmungen von Natur geprägt durch das Wechselspiel von modernen Technologien und romantisierten Vorstellungen? Und in wie fern ist das Künstliche ein fester Bestandteil unserer sinnlichen Empfindungen des Natürlichen? In seiner Einzelausstellung „Counterworld 3.22“ in der Kunsthalle Arbon geht der Zürcher Künstler Heiko Blankenstein (*1972 in Rheydt) der Frage nach unserem zeitgenössischen Verständnis von Natur nach, indem er ein ortsspezifisch angelegtes Modell einer Landschaft entwirft. Blankenstein konzipiert seine raumgreifende Installation als Gesamtkunstwerk aus Architektur, Skulptur und Zeichnung. In seine kegelförmigen Hügel, bestehend aus einer tragenden Holzkonstruktion und rosafarbenen XPS-Hartschaumplatten, integriert er seine grossformatigen Kohlezeichnungen. Dabei sind die geometrischen Hügel eigenständige Raumskulpturen und dienen gleichermassen als Display für seine gezeichneten Darstellungen von idealisierten Wald- Berg- und Seenlandschaften. Die abstrahierten, farbig leuchtenden Kegelformen bilden einen starken visuellen Kontrast zu den detaillierten schwarzweissen Zeichnungen. Beim Flanieren durch den Raum der Kunsthalle Arbon lassen sich Blankensteins Zeichnungen wie einzelne Aussichtpunkte auf einer Wanderung entdecken. Es sind zweidimensionale Landschaftsbilder innerhalb einer dreidimensionalen Landschaft. Der physische Raum der Betrachtenden wird schaufensterartig durch die gezeichneten Bildräume erweitert, wobei das Idyll der darin dargestellten, hyperrealistischen Landschaften durch abstrakte Formen, die wie aus einer anderen Dimension kommend wirken, gebrochen wird. Es sind jene optischen Brüche und visuellen wie materiellen Gegensätze, mittels denen der Künstler seinen eigenen Weltenentwurf aufgebaut hat. Der Titel „Counterworld“ (Gegenwelt) referiert an die Idee einer natürlichen Welt, die im Gegensatz zu rein künstlichen Welten besteht. Zwar basiert seine Rauminstallation auf organischen Formen und dennoch könnte sie nicht künstlicher sein. Die Installation lässt sich mit dem Konzept des Englischen Gartens vergleichen, bei dem Naturerlebnisse mimetisch erschaffen werden. Blankensteins Interesse gilt dem Hybriden, den vom Menschen generierten Bildnissen, wie sie in Kunst und Naturwissenschaften vorkommen und unsere individuellen Naturerfahrungen nachhaltig prägen. So befragt der Künstler damit die Gegensätze von Natur- und Kulturlandschaft indem er die beiden Konzepte zusammenführt und visuell überlagert.
Alice Wilke
Heiko Blankenstein
Werkdokumentation
Meta-Natur, idealisierte, überzeichnete Landschaften im Kontrast mit zweidimensional erscheinenden, geometrischen Gebilden die den eigenen dreidimensionalen Arbeiten entliehen sind. Abstraktion und Evolution verschmelzen zu einem auf diese Weise real nicht erfahrbaren Naturkonstrukt geprägt von einer nicht objektiven Wahrnehmung. Annäherung an wissenschaftliche Materie mittels künstlerischer Praxis, ein Versuch teils nur schwer vorstellbare Astronomische und Kosmologische Gegebenheiten, Chaotische Systeme oder die Funktionsweise der Kernfusion auf einer emotionalen Ebene zu begreifen. Kunst als Übersetzungsinstrument physikalischer Gleichungen, naturwissenschaftlicher Grundsätze, Natur als Basis. Die Beschaffenheit der Dinge ausloten, den Ursprung und das Erhabene hinterfragen. Keine Antworten geben, nur beobachten und die Fragen weiterreichen, bildhafte Erzeugnisse der Wissenschaft aneignen und diese in eine eigenständige visuelle Sprache formulieren, digital erscheinend, völlig analog in der Ausführung, unter Verwendung industrieller Materialien und zeichnerischen Vorgehensweisen, irgendwo zwischen konkret und abstrakt.